von Lara B.

Ein Freitagabend im November. Eigentlich ein grauer Tag, aber wir sind warm eingepackt und bereit fürs nächste Abenteuer. Auf der Jagd nach dem nächsten Fund. Geocaching, die interaktive Schatzsuche, das ist unser Ding. 

Wir, das sind eine Freundin und ich. Zu dem Zeitpunkt ist es noch nicht so lange her, dass sie mir diese Freizeitaktivität nahegebracht hat, die diverse Aspekte verbindet: Bewegung, Rätselspaß, Handynutzung und die Möglichkeit, zu scheitern.

An jenem Abend haben wir überwiegend Glück. Von vier Cachedosen, die als Tradis von demselben Owner gelegt worden sind, finden wir leider nur drei. Wo ist die Vierte?

Was hatte ich wieder einmal falsch gemacht, fragte ich mich.

Muggel und andere Fehlerquellen

Beim Geocachen kann es diverse Faktoren geben, wieso diese Dose nicht auffindbar war, die nicht unmittelbar mit den eigenen Kompetenzen zu tun haben. Ein „Muggel“ hat sie aus Unwissenheit entwendet. Als „Muggel“, abgeleitet aus J.K.Rowlings „Harry Potter“, bezeichnen Spieler die Personen, die selbst nicht spielen und das Verhalten der Geocacher als seltsam erachten können. Immerhin ist man als Geocacher oftmals in Sträuchern unterwegs oder erklimmt Mauern usw.  Ein volles Logbuch sorgte dafür, dass der Cache-Owner den Cache aus seinem Versteck genommen hat, um es zu warten. Dies wäre zwar in der App ersichtlich, aber vielleicht wurde nicht im Listing, der Cachebeschreibung nachgesehen, ob er aktuell herausgenommen wurde. Die Karten mit den Koordinaten der jeweiligen Geocaches lassen sich auf ein GPS-Gerät übertragen, aktualisieren sich aber nicht ohne eine manuelle Aktualisierung

Lange Rede, kurzer Sinn: statt im Außen nach einer Fehlerquelle zu suchen, suchte ich den Fehler bei mir. Und ich wurde fündig. Egal, wie irrational es im Nachgang erscheinen mag. 

Doch genau an der Stelle wollte ich ansetzen, denn rückblickend betrachtet war Geocaching eine Gelegenheit für mich, um mich mit meiner eigenen Fehlerkultur auseinanderzusetzen.

Geocaching - was ist das überhaupt?

Um kurz alle Lesenden auf den gleichen Wissensstand zu bringen: Geocaching ist seit 2000 bekannt als die interaktive Schnitzeljagd und weltweit spielbar. Benötigt wird ein Smartphone/GPS-Gerät, ein Onlinezugang und schon kann man sich einen Überblick über die unterschiedlichen Caches verschaffen. Die Fundorte werden mithilfe von Koordinaten verdeutlicht. Caches bestehen immer aus einer Dose aus witterungsresistentem Material und einem Logbuch. Bei Eintragung in dieses Logbuch mit dem entsprechenden Usernamen, gilt der Cache als „geloggt“. Alle Caches sind in der App gelistet, um Informationen wie Umgebung, Schwierigkeit oder Gelände vorab einschätzen/planen zu können, bevor der „Hunting Trip“ losgeht. So kommen entspannte Spaziergänger oder auch Personen, die sportliche Herausforderungen suchen, auf ihre Kosten. Der Schwierigkeitsgrad bezieht sich dabei auf den Suchaufwand vor Ort. Zur Erweiterung des Spielspaßes gibt es verschiedene Cache-Varianten, die mit Rätseln verbunden sind, um an die Koordinaten zu gelangen. 

Gleichsam kann das Spiel um sogenannte „Trackables“ oder Tauschgegenstände ergänzt werden. 

Insgesamt lässt das Spiel viel Freiraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Sei es eine Varianz hinsichtlich sportlicher Ertüchtigung oder der Menge an Caches, die aufgesucht werden. 

Im Grunde eine spaßige Angelegenheit, die für viele Menschen geeignet ist, da sich das Spiel an die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt. 

Das Lied vom Scheitern

„[…] die Angst zu versagen, ist der Albtraum, der uns alle seit 2000 Jahren quält“, singt die Band Die Ärzte in ihrem Song „Nicht allein“, dem gegenüber gibt es allerdings auch die Textzeile: „Du bist immer dann am besten, wenn’s dir eigentlich egal ist.“, die dem Song „Lied vom Scheitern“ entspringt. Beides hat seine Berechtigung.

In dem eingangs geschilderten Szenario war die Angst zu scheitern größer. Statt die Erfolge zu feiern, lag der Fokus auf dem vermeintlichen „Fehler“.  Ohne Frage ist es ein schöneres Gefühl, neue Smileys in seiner Geocaching-App zu sehen, die das ursprüngliche Symbol ersetzen. Sie kennzeichnen den Fund, den kleinen Sieg, den man bei dem Spiel errungen hat. Doch Geocaching bietet auch Raum für den Umgang mit der eigenen, inneren Fehlerkultur. Die Angst vor Fehlern ist relativ weit verbreitet, da sie mit sozialen, negativ konnotierten Konsequenzen einher gehen kann. 

Wer einmal ein Kind beim Laufen lernen beobachtet hat, weiß, dass Hinfallen und Aufstehen Teil des Lebens sind. Beobachtet man Kinder beim Spielen, ist zu sehen, dass sie wesentlich freier und unbekümmerter mit ihren eigenen Fähigkeiten umgehen. Sie lernen ihre Welt auf diese Art kennen und internalisieren Verhaltensweisen und Kompetenzen.  Dabei wirken sie frei und ganz sie selbst. 

Auch als erwachsene Person kann es gelingen, sich diesen Zustand zurückzuerobern. Man kann sich fragen, inwiefern die Beurteilung der eigenen Fehler von der Beurteilung der Fehler anderer Personen im Umfeld abweicht. Ist der Unterschied gravierend, kann es guttun, mit sich selbst sanfter umgehen zu lernen. In dem Kontext kann es auch sinnvoll sein, seine eigenen Regeln im Umgang mit Fehlern zu hinterfragen. Welche eigenen Regeln habe ich mir aufgestellt, die mir aktuell das Leben erschweren? Und letzten Endes: welchen humoristischen Aspekt kann ich der Situation abgewinnen, die ich vorher als Fehler bewertet habe? Würde ein Kind das genauso sehen?  Oder würde es einfach weiterspielen? 

vom Umgang mit Fehlern

Nach einigen weiteren gemeinsamen Touren stand mein Entschluss fest, auch mal alleine auf die Jagd zu gehen, mit dem Wissen, nicht immer fündig zu werden – vier Augen sehen mehr als zwei – und pflegte das Hobby als eine Art Routine. Dabei lernte ich etwas ganz Erstaunliches: Gelassenheit im Umgang mit den eigenen Fehlern. Es gab komische Blicke von vermeintlichen, nicht spielenden Personen. Und ich wurde nicht immer fündig.  

Aber ich wagte mich auch erneut an den Cache, den ich zu dem Zeitpunkt vor einigen Jahren nicht gefunden hatte – und wurde fündig. Ein positiver Nebeneffekt, denn im Großen und Ganzen lernte ich bei diesem Spiel vor allem eins: ein Stück mehr Gelassenheit für die kleinen Fehler des Lebens zu entwickeln.

Und ich wünsche an dieser Stelle, dass jede:r Lesende etwas findet, in dessen Rahmen spielerisch ein gelassener oder humoristischer Umgang mit den eigenen Fehlern erlernt werden kann.

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