Mal kurz die Welt retten
Wie mich ein liebenswürdiger Klempner in die welt der videospiele führte
- Autor:innen: M.B.
- Layout: Ehemalige TN
- Veröffentlicht: 19. Juni 2023
- Kategorie: Gesellschaft
Nur ein Funke reicht, ein Feuer zu schüren. Der Funke, der meine Leidenschaft für Videospiele entfachte, war die Nintendo 64 Konsole, die meine zwei Schwestern zu Weihnachten geschenkt bekommen hatten. Letztendlich haben nicht die Beiden Prinzessin Peach aus den Fängen des Bösewichts Bowser befreit, sondern Mario und ich.
Nostalgiegefühle
Bis heute verbinde ich viel mit dem kleinen pummeligen Klempner. Mit ihm konnte ich so hoch und so weit springen wie sonst nie. Außerdem würde ich vermutlich heute Pilze niemals als süß bezeichnen, wenn der niedliche Toad mir nicht in Super Mario 64 mit Rat und Tat zur Seite gestanden hätte.
Die Nostalgiegefühle sind enorm stark, wenn ich Videos zu dem Spiel ansehe.

Wenn ich einer anderen Person beim Spielen zusehe, muss ich sofort grinsen und freue mich für sie. Ich bin direkt Feuer und Flamme und mir schießen diverse Passagen des Spiels in den Kopf. Die verschiedenen Fundorte der zu findenden Sterne oder geheime Abkürzungen der Rennrutschen. Das gleiche Gefühl habe ich bei dem Spiel Donkey Kong 64. Alte Klassiker, die mir heute noch ein warmes gutes Gefühl geben. Am 18. September 2020 war es endlich soweit und ich konnte meinem Freund Super Mario 64 auf der Nintendo Switch Konsole zeigen. Ich hatte darauf gehofft, aber nicht damit gerechnet, dass dieses Spiel für die neue Konsole optimiert und wieder spielbar gemacht wird. Mario hat mir eine Welt geboten, in der ich Fehler machen und mich ohne Konsequenzen ausprobieren durfte.

Auf zu neuen Ufern
Viele Jahre später wagte ich mich an komplexere Videospiele. In dem Rollenspiel Dragon Age: Origins erlebte ich hautnah die Geschichte meines Charakters im Mittelalter-Setting. Zusammen machten wir uns im Land Ferelden einen Namen als Grauer Wächter.
Wir gewannen Freund:innen und Verbündete, aber auch mächtige Feind:innen. In ruhigen Minuten erinnere ich mich gerne an die langen Abende im Lager der Gruppe. Ich denke an die lustigen Gespräche, aber auch an die schweren Entscheidungen, die ich treffen musste. Manchmal unternahm ich auch Versuche das Spiel mit moralisch fragwürdigen Entscheidungen nochmal durchzuspielen. Jedoch immer mit dem Ergebnis, dass ich das Spiel nochmal mit den gleichen Entscheidungen beendet habe, weil ich es einfach nicht über das Herz gebracht habe. Wie im richtigen Leben ist es auch in diesem Spiel nicht leicht mit den Konsequenzen umzugehen.
Spielen mit Freund:innen
Auf keinen Fall möchte ich das Online-Rollenspie Final Fantasy XIV hier vergessen. Mit meiner kleinen Lalafell Gretel habe ich mir sogar in verschiedenen Dimensionen innerhalb des Spiels einen Namen gemacht. Zum ersten Mal habe ich mich getraut, zusammen mit Freund:innen, eine eigene Gilde zu gründen. Eine Gilde ist ein Zusammenschluss aus Spieler:innen, die regelmäßig Unternehmungen im Spiel machen und unter anderem auf ein eigenes Haus hinarbeiten. Inzwischen sind wir auch stolze Besitzer:innen eines eigenen mittelgroßen Hauses. Der Immobilienmarkt im Spiel ist hart. Umso größer war die Freude endlich einziehen und das eigene Zimmer einrichten zu können. Die Renovierungsarbeiten haben wir auch gemeinsam gemacht. Unsere Music-Box füllt sich nach und nach mit Notenrollen, die wir uns in Kämpfen verdienen oder die ein Mitglied mit entsprechender Fertigkeit herstellt. Die Musik wird dann nacheinander im Haus abgespielt.
Soundtrack fürs Leben
Mit dem Soundtrack übertreffen sich die Entwickler jedes Mal wieder selbst. Auch wenn ich das Spiel gerade nicht spiele höre ich mir die Stücke gerne an und denke an den Kampf und welche Gefühle er in mir ausgelöst hat. Es macht riesigen Spaß die alten und neuen Inhalte im Spiel mit den anderen zu erkunden und durchzuspielen. Wenn eine neue großer Gegenseite besiegt werden muss, ist es super witzig sich mit den anderen im „Voice-Chat“ abzusprechen und langsam aber sicher die Mechaniken zu erlernen. Es wird gelacht, geflucht, gestaunt und manchmal während der Zwischensequenzen gemeinsam geweint. Manchmal muss ich aber auch an ein bestimmtes Videospiel denken, wenn ich beispielsweise eine bestimmte Band höre, die eigentlich gar nichts mit dem Spiel zu tun hat. Bei dem Lied „End of all Hope“ von der finnischen Gruppe Nightwish, muss ich direkt an das Computerspiel Hell Gate: London denken. Das kommt daher, dass ich dieses Lied oft beim Spielen von Hell Gate: London gehört und es super passend für den Kampf gegen die Horden der Hölle gefunden habe, textlich und auch musikalisch. Wenn die ersten Töne des Liedes erklingen habe ich direkt meinen Charakter oder den Spieletrailer vor Augen. Bei dem Lied „Kill me every time“ von Blue Stahli denke ich sofort an die verschiedenen schwierigen Kämpfe in Sekiro Shadows die twice. Und dieses Spiel hat meinen Charakter mehr als einmal umgebracht. Wenn wir schon mal von Sekiro sprechen, möchte ich auch kurz von den Vorgängern dieses Videospiels berichten. Dark Souls dürfte jedem Spieler ein Begriff sein. Eine Videospiel-Reihe, die Geduld und Durchhaltevermögen fordern wie kaum andere Spiele. Düsteres, geheimnisvolles Mittelalter-Setting gepaart mit, bis dahin noch nie dagewesenen, großartigen Gameplays. Die Regeln im Spiel sind hart aber einfach. Lerne deine Gegner:in zu lesen oder stirb. Immer und immer wieder. Gnadenlos. Nur ein Moment der Unachtsamkeit im Kampf, kann eine Niederlage bedeuten
Unmögliches schaffen
Viele schreckt der Gedanke, sich in einem Videospiel derart anzustrengen ab oder sie geben während des Spielens komplett auf. Doch mir macht es Spaß. Es ist ein unglaublich gutes Gefühl etwas vermeintlich Unmögliches geschafft zu haben. Wenn ich stundenlang an einer Gegenseite gescheitert bin, aber sie letztendlich doch besiegen konnte, könnte ich vor Freude tanzen. Das Gefühl besser geworden zu sein, gelernt und gesiegt zu haben. Jüngst hat mich das Spiel Spiritfarer in seinen Bann gezogen, in dem es deutlich ruhiger, aber nicht weniger emotional zugeht. Hier helfe ich, der Hauptperson Stella, Seelen auf die andere Seite zu begleiten. Jedoch ist das mit einigen Hindernissen, die erst einmal überwunden, und anderen Aufgaben, die erfüllt werden müssen, verbunden. Jede Seele hat ihre eigene Geschichte. Geschichten voller Liebe, Eifersucht, Traurigkeit, erfüllten und unerfüllten Wünschen. Bevor die Seelen bereit sind, von Stella weitergeführt zu werden, suchen sie Trost und Hilfe bei unerledigten Dingen. Ich kann tröstende Umarmungen schenken oder herausfinden was die Seelen am liebsten Essen möchten, um sie zu beruhigen und ihnen die Angst zu nehmen. Mit keinem Mal wird der Abschied leichter und jedes Mal rührt es mich zu Tränen.
Vielfalt der spiele
Das wundervolle an Spielen ist die Vielfalt und die Kunstfertigkeit mit denen Geschichten erzählt werden. Anders als bei Filmen bin ich in den Spielen nicht bloße:r Zuschauer:in, sondern ich bin mitten drin. Kein Schicksal lässt mich ungerührt und viele Entscheidungen regen mich zum Nachdenken an. Noch Monate nachdem ich das Spiel abgeschlossen habe. Im Laufe der Jahre besuchte ich viele verschiedene Welten. Manche waren so düster, dass ich mich am liebsten versteckt hätte. Andere waren einfach so süß, dass eine Warnung vor Kariesbefall angebracht gewesen wäre. Doch alle haben etwas gemeinsam. Sie haben mich begeistert und gefordert, mitgerissen und nicht wieder losgelassen.

Ich muss eben mal die Welt retten und dann mach ich den Abwasch
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