Sag ich’s oder sag ich’s nicht?
Mit chronischer Erkrankung im Arbeitsleben
- Autor:innen: Carina Schleeweit
- Layout: Gianluca Nucera
- Veröffentlicht: 23.04.2025
- Kategorie: Gesellschaft, Job
Soll ich meine chronische Erkrankung am Arbeitsplatz offenlegen oder verschweigen? Die Frage „Sag ich’s oder sag ich’s nicht?“ ist für viele Menschen, die von einer chronischen Erkrankung betroffen sind, eine Herausforderung. Es gibt Argumente für beide Seiten. Einerseits ist da häufig die Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung, andererseits birgt ein transparenter Umgang mit krankheitsbedingten Einschränkungen auch Hoffnung: auf mehr Verständnis durch das soziale Umfeld und auf die Möglichkeit, nach konstruktiven Lösungen zu suchen. Welche Pro- und Contra-Argumente gegeneinander abgewogen werden müssen, ist von Einzelfall zu Einzelfall sehr verschieden, was eine Patentlösung unmöglich macht.


Unter dem gleichnamigen Titel „Sag ich’s oder sag ich’s nicht?“ wurde an der Universität zu Köln ein digitales Entscheidungshilfe-Tool entwickelt. Am Lehrstuhl für Arbeit und berufliche Rehabilitation ist im Rahmen eines Projekts ein Selbsttest entstanden, der bei der Entscheidung für oder gegen die Offenlegung einer Erkrankung helfen soll. Das Online-Tool zielt darauf ab, Orientierung zu geben. Es geht nicht darum, der Person die Entscheidung vollständig abzunehmen. Der Selbsttest fragt dazu ausführlich verschiedene Faktoren ab, die bei der Entscheidung relevant sein können: beispielsweise das Betriebsklima, die eigene Einstellung und der eigene Umgang mit der Erkrankung, der Grad des Vertrauensverhältnisses zu Vorgesetzten und Kolleg:innen oder das Ausmaß der Einschränkungen in Bezug auf die berufliche Tätigkeit.
Fragen nach der Einstellung des Arbeitgebers zum Thema Gesundheit und Inklusion generell oder zur persönlichen Anstellungssituation, wie Probezeit und Befristung des Arbeitsvertrags werden ebenfalls miteinbezogen, um eine möglichst individuelle Empfehlung geben zu können.
Die Anzahl und das Spektrum der Fragen machen deutlich, dass das Tool versucht, dem Einzelfall gerecht zu werden. Ist der Selbsttest in der Praxis aber wirklich eine Hilfe? Ich persönlich kann das bejahen. Die Fragen selbst haben mir fast mehr Orientierung geboten als die Antwort. Ich habe eine Hilfestellung dabei erhalten, welche Fragen ich mir überhaupt stellen kann, um für mich selbst zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu kommen.


Statt sorgenvoll zu grübeln, konnte ich den strukturierten Fragenkatalog nutzen, um systematischer an die Frage heranzugehen. Allein das hat mich persönlich entlastet. Unabhängig davon, wie die konkrete Antwort bei mir ausgefallen ist, kenne ich nun die Gründe für meine Entscheidung und kann sie so aus Überzeugung – vor allem vor mir selbst – vertreten.
Den Selbsttest gibt es kostenfrei auf der dazugehörigen Website (https://sag-ichs.de/selbst-test). Zusätzlich bietet die Internetseite (https://sag-ichs.de) noch weiterführendes Informationsmaterial zum Thema Arbeit und chronische Erkrankung.
Fotos –––– © ideogram.ai
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