Meilensteine des BTZ

Interview von S. B., Redaktion von Cornelia G.

Vergangenheit - Veränderungen - Zukunft

Köln. Gerd Herbst – Dienstältester Berufstrainer im Gespräch mit einer Teilnehmerin über die Anfänge, die Veränderungen, die Möglichkeiten und die Zukunft des Berufliches Trainingszentrum (nachfolgend BTZ).
Herr Herbst ist derzeit (2023) 66 Jahre alt und seit dem 01.02.1999 im BTZ in Köln beschäftigt.

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.“ Das Zitat passt sowohl zu seinem Alter als auch zu seiner Arbeit, denn zusammen mit einem multiprofessionellen Team unterstützt Gerd Herbst die Teilnehmenden darin, dass das Leben für sie gezielt weitergehen bzw. „neu anfangen“ wird. Sein Hauptauftrag besteht darin, die Teilnehmenden zurück ins Arbeitsleben zu begleiten – sei es zurück in den alten Beruf, als Quereinstieg in einen anderen bzw. neuen Beruf oder auch in eine Umschulung.

Ursprung der BTZ

Der Ursprung der beruflichen Trainingszentren liegt in Süddeutschland. Dort entstand 1980 das erste BTZ als Ausgründung aus dem Berufsförderungswerk. Man habe gemerkt, so die Beobachtung aus den damaligen Rehabilitationsverläufen, dass psychisch beeinträchtigte Rehabilitanden nur in ausgewählten Fällen von den Umschulungsangeboten profitierten und sie in der Regel spezifisch auf ihre Grunderkrankung zugeschnittene Trainings benötigen, die sie auf die Rückkehr in ihr angestammtes Berufsfeld vorbereiten. Diese Tandembetreuung durch berufsspezifisches Arbeitstraining und psychosoziale Begleitung ist Kernmerkmal der BTZ-Konzeption.

Das BTZ Köln

Dieses Konzept fand auch in Westdeutschland Zuspruch und so entstand im Mai 1993 das erste BTZ in Köln. Der Standort wurde seither nicht gewechselt und somit befindet sich das BTZ noch immer im Gründungsgebäude in der Vogelsanger Straße.

„Das BTZ versucht einen Betrieb zu simulieren“, so Herr Herbst, „die richtige Strategie ist, Forderungen zu stellen, in einem angemessenen Verhältnis, und dadurch auch wieder Vertrauen, Selbstvertrauen und innere Stärke eines Teilnehmenden aufzubauen.“

„Jeder ist anders und geht anders mit Anderen um“ und „So individuell, wie jeder Einzelne ist, so individuell ist auch das BTZ und seine Mitarbeitenden sowie seine Teilnehmenden“, formuliert Herr Herbst. Was am Ende bei allen Teilnehmenden hoffentlich gleich sein wird, ist, mit den Worten „Ich bekomme das wieder hin“ das Training zu verlassen, denn das ist das Ziel eines beruflichen Trainings. Dieses Konzept eines BTZ wird in Köln nicht nur unterstützt, sondern auch gelebt.

Wandel der Gesellschaft

Jede:r bekommt die wachsenden Veränderungen heutzutage hautnah mit, denn wie auch die Zeit befindet sich alles in ständigem Wandel. Man muss lernen sich in diesem Wandel zu bewegen, sich zurecht zu finden und sich selbst nicht zu verlieren. Es ist ein Wandel, der alles um uns herum beeinflusst – das Wetter, das Klima, diverse Vorgaben, Strukturen, Formen, Menschen und auch der Arbeitsmarkt wird beeinflusst und ändert sich – und auch man selbst ändert sich im Laufe des Lebens immer wieder.

„Ich bin nicht gegen Veränderung.“ In dieser Aussage von Herrn Herbst spiegelt sich die Offenheit des gesamten BTZ wider, denn jede Veränderung bringt neue Möglichkeiten und einen erweiterten Horizont. Natürlich wird nicht jede Veränderung nur Gutes mit sich bringen, doch man kann an Veränderungen wachsen. Das BTZ unterstützt durch sein Personal jeden darin, den Weg wiederzufinden, wenn man ihn mal verloren hat.

Wandel im BTZ

Auch im BTZ in Köln gab es seit der Gründung Veränderungen. So waren die Möglichkeiten für die einzelnen Teilnehmenden in den Anfängen etwas weniger, doch dafür war das Personal breiter aufgestellt. Während das Team in früheren Zeiten noch aus Mitarbeiter:innen der Ergotherapie, der Arbeitspädagogik, dem Vermittlungscoaching, dem psychosozialen Berufsfeld und für jeden Bereich separat einer Bereichsleitung bestand, ist es heute so, dass Berufstrainer:innen aus der Arbeitspädagogik den/die Ergotherapeut:innen ersetzen. Die Bereichsleiter:innen sind in der Zahl fast gleichgeblieben, gleichzeitig stieg auch die Nachfrage an dem beruflichen Training, wodurch die Teilnehmerzahlen stiegen. Deshalb kamen im Laufe der letzten Jahre mehr Bereiche hinzu, weshalb nun jede:r Bereichsleiter:innen mehrere Bereiche betreut. Zu jedem Team gehörte früher ein sogenannter Vermittlungscoach, der dem Teilnehmenden intensiv bei der Suche eines geeigneten Arbeitsplatzes half. Die gemeinsame Arbeit war und ist bis heute ein wesentlicher Bestandteil, der zum Fortschritt und zur Wiedereingliederung jedes einzelnen Teilnehmenden beiträgt.

„Manche Prozesse benötigen einfach Zeit – der Aufbau und die Strukturierung des BTZ, als auch die Arbeit eines ‚Kranken‘ mit sich selbst“, so Herr Herbst.

Da sich die Umwelt in jeder Stunde, in jeder Minute und in jeder Sekunde im Wandel befindet, wurden und werden auch die Strategien, Leistungen und Möglichkeiten weiter angepasst. Im Laufe der Zeit wurde sichtbar, dass die Teilnehmenden sich im beruflichen ebenfalls verändern, höhere Ansprüche haben und auch aus wesentlich mehr beruflichen Sparten stammen. Da sich das BTZ aller Menschen annimmt, wird an dem Konzept kontinuierlich gefeilt.

Wandel der Bereiche

Am Anfang gab es lediglich den Bereich Technik und so wurden Teilnehmende, die aus anderen Berufszweigen kamen, in die Technik eingebunden. Das war nicht immer einfach. Um das BTZ weiter auszubauen, wurden mit der Zeit mehr Bereiche ins Leben gerufen und so auch mehr Handlungsfelder geschaffen. Dadurch mussten der Kaufmann oder die Kauffrau nicht gezwungenermaßen mit Holz arbeiten, sondern konnten mit Hilfe anderer Handlungsfelder Teile ihres alten Berufes ausüben und so einen wesentlich besseren Einblick erhalten, ob sie es dorthin zurückschaffen würden. Da sich die Berufsfelder weiterentwickelten, musste sich das BTZ auch weiterentwickeln, um weiterhin Bestand und Erfolg zu haben.

Zu dem Bereich der Technik kamen also weitere Bereiche hinzu, die bis heute wesentlicher Bestandteil des BTZ sind. Es sind die Bereiche Service (kaufmännisch), Büro sowie Medien und Digitales. Diese Bereiche bieten viele unterschiedliche Handlungsfelder und können individuell dem Teilnehmenden angepasst werden. Die eben genannten Kaufleute können also nun in den Bereich Service (kaufmännisch) oder in den Bereich Büro etabliert werden.

Der Arbeitsmarkt verändert sich. Einige bekannte Berufe sind weggefallen, andere neu hinzugekommen, manche wurden unterteilt, doch die Schwierigkeiten bleiben. So kann es nach wie vor schwer sein, einen geeigneten Beruf, beziehungsweise eine geeignete Firma zu finden, in der die Rahmenbedingungen passen. Viele Firmen ziehen mit ihren Anforderungen an die Mitarbeiter stark an und Menschen, die dafür nicht stabil genug sind, benötigen aufgrund ihrer Umstände flexiblere bzw. individuellere Rahmenbedingungen. Psychische Erkrankungen bleiben in der Regel, aber jede:r Betroffene kann trainieren, mit diesen umzugehen. Jede:r kann lernen, in der Arbeitswelt wieder Fuß zu fassen, ohne dass die Krankheit oder äußere Faktoren überhand gewinnen. Psychisch Erkrankte in die Arbeitswelt einzubauen, bleibt nach wie vor oftmals eine Herausforderung, doch hat sich in der Welt da draußen die Stigmatisierung von psychisch kranken Menschen geändert – es wird offener mit dem Thema umgegangen und auch Mitarbeiter werden mehr und mehr aufgeklärt. Dazu kommt, dass auch die Hilfestellungen für psychisch belastete Menschen in den unterschiedlichsten Firmen und Unternehmen ausgereifter und individueller werden.

Hilfestruktur der Beruflichen Reha

Das BTZ ist eines der helfenden Glieder in diesem System. Es arbeitet seit Beginn der Gründung mit Ämtern, Rentenversicherungen und Agenturen zusammen, um den Menschen, die Hilfe benötigen, diese auch zu ermöglichen. Dabei bedient sich das BTZ zur Hilfestellung auch des Wohnungsmarkts und stellt den Teilnehmenden für die Zeit des beruflichen Trainings Wohnungen zur Verfügung, damit sie sich mit all ihrer Aufmerksamkeit auf ihren Fortschritt und die Wiedereingliederung konzentrieren können. In dieser Zeit sollen sie sich in einem „geschützten Rahmen“ befinden, denn – wie schon gesagt – die Rahmenbedingungen sind meist ausschlaggebend für eine zufriedene Zukunft, gute Arbeit und vor allem ein gesundes Vorankommen.

„Die Mitarbeiter im BTZ kämpfen jeden Tag mit Herz und Seele (…)“ für ihre Teilnehmenden, so die Erfahrung von Gerd Herbst, denn diese Zeit ist eine hochspannende und interessante Erfahrung für beide Parteien. Er selbst sagt, dass er auch nach all den Jahren immer noch sowohl von seinen Kolleg:innen, als auch von den Teilnehmenden lernt; und jede:r Kolleg:in oder Teilnehmende lernt wiederum von ihm. Die Zeit im BTZ ist eine intensive Zeit, die man gemeinsam verbringt, in der man „an-sich-selbst“ arbeitet und unterstützt wird, den eigenen Weg wiederzufinden, die Kraft zurückzugewinnen und vielleicht sogar das erste Mal ein konkretes Ziel für sich findet.

Ich bekomme das wieder hin

Und wenn die Teilnehmenden die Zeit hier im BTZ mit den Worten „Ich bekomme das wieder hin“ verlassen, so werden sie nicht einfach in das Leben hinausgeschickt, sondern weiterhin betreut, begleitet und können jederzeit Rücksprache mit dem BTZ-Team halten und sich erneut Hilfestellungen holen.
Das BTZ ist für sie da!

Foto –––– © BTZ

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