Writing my name in graffiti on the wall

Mit Graffiti bin ich durch meinen Freund P. in Berührung gekommen. Und obwohl es in meinem Leben immer wieder Durststrecken gab und gibt, ist das etwas, das ich seit meinem 21. Lebensjahr mache und was mich wahrscheinlich nie ganz verlassen wird. 

Wenn ich Leuten davon erzähle, dann sage ich immer, dass ich das zwar mache, aber nicht sehr gut darin bin. Das liegt daran, dass ich da trotz allem einen Minderwertigkeitskomplex habe und keine falschen Hoffnungen bei meinem Gegenüber wecken möchte.

Mittlerweile ist „gut“ aber kein echtes Kriterium mehr für mich, denn ich weiß, dass ich keine Szene internen Ansprüche erfüllen muss, um zufrieden zu sein und es reicht mir auch oft, einfach einen Nachmittag an einer legalen Wand zu stehen, mich zu bewegen und am Ende mit einem von mir gemalten Bild auf dem Handyspeicher nach Hause zu gehen. 

P. lernte ich kennen, als einer meiner damaligen Bandkollegen ihn in den Proberaum mitbrachte und sowas sagte wie: „Das ist der P., den habt ihr vielleicht schon mal in der Disco gesehen, der spielt Schlagzeug und wir brauchen ja noch ’nen Schlagzeuger.“ Ich hatte P. tatsächlich vor der Disco gesehen und hielt nichts von ihm. Ein 16-jähriger Teenager, der besoffen durch die Gegend torkelt und lallt, zu laut lacht und versucht witzig oder cool zu sein.

 

 

Der Weg zum Graffiti

Ich war zu dem Zeitpunkt schon ungefähr 19 Jahre alt und versuchte irgendwie mit mir selbst klarzukommen (klappt bis heute nicht immer), meine musikalischen Einflüsse irgendwie an der Gitarre zu meistern (hat nie wirklich geklappt) und in die Band einzubringen (hat auch nicht geklappt). Und ja, auch ich wollte cool und witzig sein, was mir auch eher schlecht als recht gelang. Immerhin trank ich keinen Alkohol, lallen und torkeln war bei mir also nicht drin. P. war mir viel zu jung, um mich mit ihm zu umgeben, geschweige denn ihn in der Band zu haben, denn ich wusste ja nicht mal genau, was ich mit ihm reden sollte – Er ging noch in die Schule, ich in die Lehre. Er fuhr Skateboard, ich hatte schon ’nen Führerschein, ’nen Billig-Roller aus dem Baumarkt und durfte den lodengrünen 86er-Polo von meiner Oma fahren.

Ein paar Jahre zogen ins Land, die Band löste sich auf und irgendwann erzählte P. mir, dass er Graffiti macht. Ich hatte sofort Interesse, denn Graffiti kannte ich zwar vom Sehen schon ein paar Jahre; wie man das macht, wo man Sprühdosen herbekam und wie das überhaupt alles funktioniert, das wusste ich allerdings nicht. Und mich getraut, den damals üblichen Graffiti-Weg zu gehen, hätte ich mich auch nicht: Sprühdosen im Baumarkt oder Farbengeschäft klauen, mit Sprühaufsätzen rumzuprobieren und Skizzen zu machen, um sie dann irgendwann auf Wände oder Züge zu malen.

Wagemut lohnt sich!

Ich wusste sehr genau, dass man nichts bemalen darf, was einem nicht gehört und nicht in Geschäften stehlen darf. Überhaupt klauen im Baumarkt, der Gedanke alleine war so weit draußen und an Absurdität fast nicht zu übertreffen; außerdem machte er mir Angst. Denn in meiner Welt war ein erfolgreiches Klauen nicht wirklich existent; schließlich hatte ich eingebläut bekommen, dass krumme Dinger fast immer rauskamen und dann natürlich auch bestraft wurden. Und vor Bestrafung von meinem Vater hatte ich erst recht Angst. Wobei es dann auch nicht so wahnsinnig schlimm wurde, als ich doch irgendwann beim illegalen Graffiti erwischt wurde. Es wäre wahrscheinlich heftig geworden, wenn ich erst 15 oder 16 gewesen wäre. Da ich aber volljährig und bereits zu Hause ausgezogen war und meine Eltern damit nicht mehr wirklich zuständig, auch wenn die Hausdurchsuchung noch in meinem Kinderzimmer bei ihnen stattfand, blieb es bei einem sehr ernsten Gespräch. 

Jedenfalls fuhr ich ’ne ganze Weile regelmäßig mit P. im Wagen von meiner Oma durch meine Heimatstadt; wir checkten Stellen aus, die wir bemalen wollten und quatschten dann doch über alles und nichts und über das, was die Herzen von Großstadtjungs um die 20 sonst noch so bewegt. Gelacht haben wir auch viel, z. B. darüber, dass komischerweise sehr oft, wenn wir unterwegs waren, Lieder von der Band Destiny’s Child im Radio liefen. So oft, dass es schon fast zum Running Gag wurde. Heutzutage sehen P. und ich uns nicht oft, aber das Interesse an Graffiti und Artverwandtem hat uns beide nicht mehr losgelassen.

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Foto –––– © pexels-frankiealex11-1172826

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