Die Kunst des erfolgreichen Versagens
Von Zohra Hamidi
- Autor:innen: Zora H.
- Layout: S.W.
- Veröffentlicht: 27.03.2024
- Kategorie: Storys
Ein Schritt zurück und zwei Schritte nach vorne
Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Aus und vorbei. Scheitern in seiner reinsten Form.
Solche Gedanken beschäftigen vor allem Menschen, die privat und beruflich an ihre Grenzen gestoßen sind und deswegen ihre Ziele nicht erreichen konnten.
Scheitern ist scheiße, demoralisiert, beschämt und zermürbt. Das eigene Versagen schmerzt und nagt am Selbstbewusstsein und dem Selbstwert. Negative Glaubenssätze wie „Niemand scheitert außer mir!“ verstärken das Gefühl der eigenen Unfähigkeit. Ein Misserfolg wird in solchen Momenten als allumfassend erlebt, obwohl es lediglich eine Momentaufnahme darstellt.
Besonders in Deutschland ist Scheitern schwer, denn eine deutsche, positive Fehlerkultur ist kaum vorhanden. Hier wird Scheitern immer noch stigmatisiert und man gilt als „Versager“. Diverse Studien unterschiedlicher deutscher Universitäten und Meinungsforscher belegen, dass in der Bundesrepublik die Angst vor einem beruflichen Misserfolg sehr hoch ist. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, wo ein Rückschlag als eine Entwicklungsstufe, die viel Innovation bringen kann, angesehen wird.
Doch Niederlagen sind evolutionär vorgesehen und unvermeidbar. Dies lässt sich vor allem bei kleinen Kindern beobachten: Sie fallen hin, stoßen sich und versuchen es dann noch einmal. Denn „Try-and-Error“ gehört zum Leben dazu. Selbst berühmte Persönlichkeiten scheiterten etliche Male bevor sie zu erfolgreichen Sportlern, Schauspielern oder Komponisten avancierten. Auch ein Ludwig von Beethoven hat mehr als einmal in die falschen Tasten gegriffen bevor er ein erfolgreiches Stück komponierte.
Vom Unglück ins Glück?
Der Umgang mit Misserfolgen ist so facettenreich wie der Mensch selber. Doch sie alle haben einen gemeinsamen Berührungspunkt: die Bewertung des Scheiterns. Bei einer negativen Bewertung des Rückschlags ist ein Verharren in den alten, kontraproduktiven Bewältigungsmustern vorprogrammiert. Diese stoppen jegliche Entwicklungsmöglichkeiten und man tritt weiterhin auf der Stelle. Mit einer positiven Bewertung der Situation kann man hingegen neue Kraft und Mut schöpfen.
Doch wie entwickle ich so ein positives Mindset ?
Sich diese Frage direkt nach einer Pleite zu stellen, ist wenig sinnvoll. Denn wenn ein Ziel nicht erreicht wird, ist das erstmals sehr niederschmetternd. In diesem Moment konstruktiv mit Niederlagen umzugehen und aus der Pleite positive Rückschlüsse zu ziehen, ist eine Herausforderung. Den Kopf für einige Zeit in den Sand zu stecken und zu trauern, ist ein normaler Prozess und hilft beim Abschiednehmen und Loslassen des Misserfolgs. Nach dieser Trauerphase kann man seine Niederlage nutzen, um seine Fehler anzuerkennen, sie zu analysieren und zu korrigieren.
Hilfreich bei der Analyse des Misserfolges sind folgende Fragen:
- Hatte ich eine realistische Zielsetzung?
- Wo liegen bei mir meine Stärken und Schwächen und schätze ich diese richtig ein?
- Wie ist meine Selbst- und Fremdwahrnehmung
- Verfüge ich über ein ehrliches Selbstbild
- Wieso musste es gerade dieses Projekt sein bzw. warum habe ich privat/beruflich an bestimmten Menschen/Situationen festgehalten?
Schon die Beantwortung dieser wenigen Fragen kann Veränderungsprozesse anstoßen. Sei es ein Jobwechsel, private Beziehungsumbrüche oder der Entschluss, eine Umschulung zu machen – ein Misserfolg kann zu einem positiven Richtungswechsel führen.

Fuck up Nights
Niederlagen zu akzeptieren und gestärkt aus ihnen hervorzugehen, versprechen auch die populären „Fuckup Nights.“ Auf diesen Events tauschen Menschen öffentlich ihre Erfahrungen mit Niederlagen aus. Auf humorvolle Art und Weise werden Fehlerquellen und Umstände analysiert, die zum Scheitern führten. Gemeinsam können dort neue Perspektiven und Lösungsvorschläge besprochen werden, um so das Risiko eines zukünftigen Scheiterns zu minimieren. „Fuckup Nights“ können dabei helfen den eigenen Misserfolg zu akzeptieren, neue Motivation und Zuversicht zu tanken und sich selbst zu überdenken. Ohne Selbstreflexion ist eine Änderung bestehender beruflicher und privater Probleme nicht möglich. So sind diese Happenings eine gute Methode, sich mit Leidensgenossen zu verbinden und neben diesem Austausch ist auch die Unterstützung vom sozialen Umfeld nötig, um wieder auf die Beine zu kommen. Wer einen schweren Schlag erhalten hat, benötigt gute Freunde, die einem Mut zusprechen und weiterhin an einen glauben.
Nicht zuletzt benötigt es einer gewissen Gelassenheit und Ruhe, um Rückschläge positiver zu meistern und dadurch neue Erfolge zu feiern.
Denn:

Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.
Johann Wolfgang von Goethe
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