Über Entscheidungsunfähigkeit, von N.N.S.
- Autor:innen: N.N.S.
- Layout: Ehemalige TN
- Veröffentlicht: 26.04.2023
- Kategorie: Storys
Soll ich, soll ich nicht? Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich überleg nochmal…
Jedes Mal die gleiche Situation. Eine Entscheidung steht an. Keine lebenswichtige, aber auch keine, die man, ohne nachzudenken, automatisch trifft. Und schon hänge ich im Grübel-Karussell mit akuter Unfähigkeit, die Entscheidung schlussendlich zeitnah zu treffen.
Ein aktuelles Beispiel
Mein Router funktioniert nicht mehr richtig, ein Neuer muss her.
Es gibt Menschen, die gehen in den nächsten Technikmarkt, fragen den oder die VerkäuferIn um Rat und nehmen den Router, der empfohlen wird und sich im finanziell möglichen Rahmen befindet. Zeitaufwand überschaubar, Problem erledigt.
Und jetzt Ich
Als erstes eruiere ich alle Möglichkeiten, wo oder wie ich einen neuen Router bekommen kann. Dann werden Preis, Fahrt- oder Lieferkosten, Service im Falle eines Defekts und so weiter und so fort hin und her gegeneinander abgewogen. Und je mehr Auswahl, desto schwieriger die Entscheidung.
Oder vielleicht doch beim Netzanbieter mieten? Aber da wäre man dann wieder 24 Monate vertraglich gebunden. Auf der anderen Seite bekommt man dafür aber im Falle eines Schadens oder Defekts direkt Ersatz. Fragezeichen über Fragezeichen…
Jetzt, als ich diesen Text schreibe, habe ich mich schon mehrere Wochen immer wieder mit dem blöden Thema Router befasst. Ich ärgere mich täglich weiter über das instabile WLAN und viel von der wertvollen Zeit, die ich weitaus sinnvoller hätte nutzen können, ist mir verloren gegangen.
Warum komme ich trotzdem immer wieder an diesen Punkt, mich nicht entscheiden zu können? Täglich aufs Neue, in vielen kleinen Entscheidungssituationen, aber auch bei wirklich wesentlichen Dingen, wo es ja auch wichtig und verständlich ist, dass man gut überlegt, bevor man eine Entscheidung trifft.
Bei mir ist der Grund vor allem einer:
Die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen,
diese später zu bereuen, sie nicht mehr rückgängig machen zu können, mir die Schuld für eine Fehlentscheidung zu geben, mich wegen dieses Versagens schlecht zu fühlen.
Ich weiß schon lange um mein Problem. Es ist mir sehr bewusst. Ich bin da sehr reflektiert. Aber ich schaffe es nicht, mein Verhalten zu ändern.
Ich kann mich nur dann zeitnah entscheiden, wenn es eine Frist oder Deadline gibt oder mir jemand die Pistole auf die Brust setzt. Oder die ganze Grübelei, die Umherwälzerei der Pros und Kontras, hat mich so müde gemacht, dass ich aufgebe und mit Grummeln im Bauch irgendetwas entscheide, um wieder Energie für andere Dinge zu haben.
Die einfachen Fälle gibt es natürlich auch ab und an mal. Dann, wenn sich herauskristallisiert, dass eine Wahlmöglichkeit wirklich die beste in allen Bereichen ist, z.B. mit beinahe ausschließlich Punkten auf der Pro-Seite. Das ist aber sehr selten. Denn wenn man, wie ich, jede irgendwo auffindbare Info zur Entscheidung mit einbezieht, bleibt es selten bei einer eindeutigen Pro- und Kontra-Liste.
Das wirklich Wundersame folgt aber immer im Nachgang einer Entscheidung. Selbst wenn ich unter Druck und mit Bauchgrummeln entschieden habe, sobald die Entscheidung getroffen ist, fällt jeglicher Druck von mir ab und ich kann zu 99,9 Prozent gut mit der Entscheidung leben. Doch einen Lerneffekt hat auch das bei mir noch nicht ausgelöst.
Ich habe jedoch vor kurzem einen Satz gelesen, der mir zu denken gegeben hat:
Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung.
Seitdem rumort es in mir und ich habe die Hoffnung, dass es mir in Zukunft etwas leichter fallen könnte, Entscheidungen zwar nicht gänzlich unüberlegt, aber zeitnah zu treffen. Ich möchte ja schließlich keine falsche Entscheidung zu verantworten haben, indem ich mich nicht entschieden habe ;-)))
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