Zweite Chance nach der Sucht

von T.M.

Hallo, mein Name ist Tobi und das ist mein Bericht über meine 15 Jahre lang andauernde Suchtkarriere und wie ich es geschafft habe, nach langer Zeit diesem Kreislauf zu entkommen.

Als ich zwischen 12–13 Jahren die erste Zigarette und kurz darauf die erste Cannabispfeife meines Lebens rauchte, war mir definitiv nicht klar, welche Konsequenzen mein Handeln in Zukunft noch haben würde. Es gefiel mir, gemeinsam mit Klassenkameraden die Wirkung verschiedener psychotroper Substanzen zu entdecken – ich mochte das Gefühl, wenn sich im Kopf alles drehte. Schneller als ich mich versah, steckte ich knietief in einem Strudel aus Beschaffungskriminalität, Alkohol, harten chemischen Drogen und „falschen“ Freunden. 

Ich zog mit 13 Jahren die erste Linie Amphetamin von einem Spiegel im Kreise voller Schulschwänzer durch meine Nase und dieses Ereignis veränderte alles, ich fühlte mich unantastbar und durch nichts aufzuhalten. Schule war nicht mehr interessant, da wir die meiste Zeit entweder ganz schwänzten oder viel zu spät und berauscht im Unterricht erschienen. 

Diesen Lebensstil behielt ich leider mehr als anderthalb Jahrzehnte bei und hatte währenddessen oftmals das Gefühl, dass es kein Entkommen aus diesem Kreislauf gibt. Ich fühlte mich machtlos und war unfähig, etwas an meinen Entscheidungen zu ändern. 

Je älter ich wurde, umso härter wurden die Drogen, die ich nahm, so wie sich auch der Konsum von Kokain, Amphetaminen, Ecstasy, Alkohol ins Unermessliche steigerte. Es war eine Abwärtsspirale sondergleichen, wie ein Strudel, der einen langsam aber stetig in die Tiefe zieht.

Heute mit 28 Jahren blicke ich zurück und weiß, dass ich stolz auf mich sein kann, und dass ich mich selbst gerettet habe. Nach ca. 20 Entgiftungen, 4 Langzeit-Therapien und insgesamt mehr als 12 Jahren Therapieerfahrung habe ich es schließlich durch Sport und die Unterstützung meiner Familie und Freunde geschafft, den Kreislauf meiner Sucht zu durchbrechen und clean zu werden sowie zu bleiben.

Als ich mit dem „Laufen“ begann, hatte ich keine Kondition, kein Ziel und große Zweifel, ob es der Versuch wert war. Doch je mehr ich lief, umso weniger konsumierte ich. Ich fing dazu noch mit dem Mountainbiking an, ebenso betrat ich das erste Mal seit Jahren ein Schwimmbad und zog nun keine Linien mehr vom Spiegel, sondern meine Bahnen im Becken. Ich lernte meine Grenzen kennen und begann all das zu spüren, was ich jahrelang verdrängt oder fast vergessen hatte. Ebenso lernte ich, dass nicht „alles“ immer sofort klappt und ich für meine Ziele kämpfen muss. Das Wiedererleben schlechter Gefühle war nicht immer angenehm, doch ich musste diesen Weg gehen, um wieder auf einen geraden Pfad zu kommen. Mein Sport und meine Familie haben mir das Leben gerettet, ohne sie/ihn wäre ich heute mit Sicherheit schwer krank, im Gefängnis oder sogar tot.

Die Chance, wieder die Oberhand über mich und meine Entscheidungen gewinnen zu können, sollte sich als sehr lohnenswert herausstellen! Daher entschied ich: Ich laufe nicht mehr weg vor meinen Problemen, sondern geradewegs darauf zu. Die Auseinandersetzung damit, sie macht mich stark genug dafür, heute ein cleanes Leben zu führen. Ich bin „einfach“ losgelaufen und mit der Zeit merkte ich, dass ich mit jedem Lauf, den ich machte, jeden Tag ein Stück zurück zu mir fand. Indem sich mein Geist ebenso wie mein Körper erholten, denn: Ein gesunder Geist ruht in einem gesunden Körper!

Die größte Rückfallgefahr besteht immer dann, wenn man sich wieder mit dieser Szene umgibt. Solang ich davon Abstand nehme, bin ich ruhiger, habe wesentlich weniger Stress und kann besser schlafen.

Therapien und Gerichte allein können nicht schaffen, was ich nach langem Kampf selbst erreicht habe: Zu jemandem Besseren zu werden. Ich bin clean, und werde es bleiben, alleine schon für das, was ich mir mühsam über lange Zeit aufgebaut habe.

Ich hatte die Chance aus diesem Alptraum aufzuwachen und mein Leben wesentlich zu ändern, und wenn ich das konnte, dann schafft ihr das erst recht! Der Mensch braucht Wasser und Nahrung, um zu überleben. Sucht euer Glück nicht in Substanzen, ihr werdet am Ende IMMER enttäuscht! Keine chemische Substanz/Droge der Welt kann Dir das „echte-pure“ Leben bieten. Denn nur das echte Leben beinhaltet Liebe, Hass, Glück, Trauer und Tränen, Wut und Freude, und so vielmehr.

All das hat mich am Anfang überfordert, doch damit lernte ich mit der Zeit umzugehen. Dennoch gilt es, sich zu merken, ein Rückfall ist ein Rückfall solang bis man ihn unterbricht und aufhört. 

-The End-

Foto –––– © holgersfotografie / Pixabay

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